Knickt die WHO und China bei Labor-Leak Untersuchungen jetzt doch ein? Und schwere gesellschaftliche Verwüstungen erschüttern Indonesien. (Die Asien-Presseschau vom 19. Juli 2021)

The Jakarta Post. 19. Juli 2021. Screenshot.

Lange hatten sich die WHO und ihr chinahöriger Generaldirektor Tedros Adhanom Ghebreyesus gegen jedwede These zum Ursprung des Corona-Virus gewandt, die von der offiziellen Deutung der chinesischen Führung und damit der Kommunistischen Partei Chinas (KPCh) abweicht. Aber jetzt scheint sich auch dort die Einsicht breitzumachen, dass man ein „Labor-Leak“, also eine Laborpanne, wenn nicht gar eine vertuschte Schlamperei bei den Verantwortlichen im Reich der Mitte doch nicht ausschließen kann.

Ende letzter Woche räumte der Chef der Weltgesundheitsorganisation deshalb etwas kleinlaut ein, dass es verfrüht sei, eine mögliche Verbindung zwischen der COVID-19-Pandemie und einem Laborleck auszuschließen. Gleichzeitig fügt er hinzu, dass er „China um mehr Transparenz bei der Suche nach den Ursprüngen des Coronavirus“ gebeten habe.

In einer seltenen Abweichung von seiner üblichen Rücksichtnahme auf China sagte Tedros, dass es für das internationale Team, das Anfang des Jahres nach China gereist war, um die Quelle von COVID-19 zu untersuchen, „eine Herausforderung gewesen sei, Zugang zu Rohdaten zu bekommen.“

Noch im März hatte der WHO-Chef gemeint, dass es „extrem unwahrscheinlich“ sei, dass das Corona-Virus, das in der chinesischen Millionenstadt Wuhan seinen Ausgang nahm, aus einem chinesischen Labor entstamme.

Jetzt beginnt der Äthiopier, der als erster Afrikaner der Genfer UN-Organisation vorsteht, zurückzurudern. „Wir brauchen Informationen, direkte Informationen darüber, wie die Situation dieses Labors vor und zu Beginn der Pandemie war“, sagte er und fügte laut einem Bericht der Nachrichtenagentur AP hinzu: „erst wenn wir vollständige Informationen bekommen, können wir die Verbindung zu einem chinesischen Labor ausschließen.“

Ob das jemals gelingen wird, ist mehr als fraglich. Denn jedes WHO-Team braucht für seine Einreise die Zustimmung Chinas. Unangekündigte Reisen in verdächtige Länder, wie das etwa im Protokoll der in Wien ansässigen internationalen Atomenergiebehörde (IAEO) möglich ist, sehen die Regularien der WHO nicht vor.

Ein Sprecher des chinesischen Gesundheitsministeriums kommentierte am Wochenende nur lakonisch, dass man den „Vorschlag für eine neue Forschung über die Ursprünge von Covid-19 überprüfen“ werde.

Aber „ohne Chinas volle Kooperation ist es unwahrscheinlich, dass die zweite Phase der Untersuchung beginnen kann“, sagte Nicholas Thomas, ein Experte für Gesundheitssicherheit und außerordentlicher Professor an der City University in Hong Kong gegenüber der South China Morning Post. „Das würde bedeuten, dass entweder Kompromisse gemacht werden müssen oder die zweite Phase blockiert wird. Angesichts des bisherigen Verhaltens Chinas ist es unwahrscheinlich, dass die WHO in der Lage sein wird, alles zu bekommen, was sie will, damit die Studie vollständig durchgeführt werden kann.“

Damit ignoriert Peking weiterhin, welche gesellschaftliche Katastrophen und soziale Not das Virus aus China bei den asiatischen Nachbarn ausgelöst hat und noch immer auslöst. Eindrückliche Kunde davon vermittelt der wöchentliche Newsletter von Rainer Heufers, dem Direktor des mehrfach preisgekrönten „Zentrums für Indonesische Politikstudien“ in Jakarta. Am heutigen Montag schreibt er:

„Die Delta-Variante von Covid-19 hat auf ihrem Weg quer durch Indonesien Verwüstungen angerichtet. Szenen von Kranken, die vor überfüllten Krankenhäusern liegen, und das Gedränge um Sauerstoffflaschen erinnerten an die Bilder, die die Welt drei Monate zuvor aus Indien gesehen hatte. Es ist eine düstere Zeit. Beileidsbekundungen sind inzwischen an der Tagesordnung.

Auf den bevölkerungsreichsten Inseln des Landes, Java und Bali, verhängte die Regierung eine weitere Runde der strengen Abriegelung. „Nicht lebensnotwendige“ Geschäfte dürfen nicht mehr öffnen, Angestellte müssen von zuhause arbeiten, Restaurants und Essensstände dürfen nur noch Straßenverkauf anbieten und im neuen Schuljahr werden die Schüler wieder in Online-Klassen unterrichtet.

Nach 18 Monaten Pandemie haben sich die Einnahmequellen der Menschen drastisch erschöpft, wenn sie nicht sogar ganz versiegt sind. Die neuen Abriegelungsbeschränkungen haben es für diejenigen, die es geschafft hatten, ihre Jobs zu behalten, noch schwieriger gemacht. Selbst Arbeiter, die in „lebenswichtigen“ Sektoren tätig sind, brauchen jetzt eine Sondergenehmigung, um Indonesiens Hauptstadt zu betreten. Noch mehr Bürokratie zu den ohnehin schon schlimmen Umständen. Und inmitten all dessen hat Indonesien seinen Status als Land mit mittlerem Einkommen verloren.

Morgen ist Eid al-Adha, der zweitgrößte muslimische Feiertag, an dem Tiere geopfert und das Fleisch an die Armen verteilt wird. Diejenigen, die durch die Pandemie ärmer geworden sind, hoffen vielleicht, ihre Ernährung mit dem Fleisch dieser Opfergaben ergänzen zu können. Aber da die Einkünfte immer knapper werden und selbst die Wohlhabenden überdenken, wie viel sie zu geben in der Lage sind, wird diese vorübergehende Atempause, auf die die Armen gehofft hatten, leider nicht eintreten.

Was ist der Ausweg aus diesen schlimmen Zeiten?

Erstens: Impfstoffe sind der Schlüssel zur Verringerung schwerer Symptome und Todesfälle. ….

Zweitens würde die Sicherstellung des offenen Flusses und Handels mit lebenswichtigen Gütern und Nahrungsmitteln eine bessere Ernährungssicherheit für die Armen bringen. …

Bleiben Sie gesund“

Ein frommer Wunsch von meinem Freund und Ex-Kommilitonen aus längst vergangenen Tagen gemeinsamer Studien am Ostasiatischen Seminar der Freien Universität Berlin.

Denn schon droht eine weitere, gefährliche Zoonose, also die Übertragung von Tieren auf den Menschen, aus China. Wie die Global Times über das Wochenende meldet, sei ein in Peking ansässiger Tierarzt als Chinas erster menschlicher Infektionsfall mit dem Affen-B-Virus (BV) bestätigt worden. Der Mann starb an dem Virus, „seine engen Kontakte sind jedoch vorerst sicher,“ vermeldet das englischsprachige Propagandaorgan der KPCh.

Die Frage ist nur, können wir das glauben? Und wie lange ist „vorerst“ in Peking?

Die Links dazu anbei, in den Asien-News-Highlights aus den englischsprachigen Tageszeitungen in Süd-, Südost- und Ostasien sowie anderen Weltregionen. *

Foreign Affairs. 19. Juli 2021. Screenshot.

Geopolitics + South China Sea:

Semiconductors and the U.S.-China Innovation Race. Geopolitics of the supply chain and the central role of Taiwan – Foreign Policy

India is working to develop counter-drone technology: Amit Shah – The Statesman

Hong Kong and the Limits of Decoupling. Why America Struggles to Punish China for Its RepressionForeign Affairs

Syria unconditionally supports China on Taiwan, Xinjiang, HK issues, Assad tells visiting FM Wang Yi – Global Times/ China

PLA holds beach assault drills after US military aircraft’s Taiwan island landing – Global Times/ China

South China Morning Post. 19. Juli 2021. Screenshot.

How Asean’s Covid-19 recovery measures are missing opportunities for a green future. Few countries in the region have tied green components to their stimulus packages, which contain some environmentally harmful measures. Green recovery policies and strategies can help put a country on the path to economic recovery while bringing environmental and sustainability benefits – South China Morning Post

China + Taiwan + Hong Kong:

Lhasa building boom heightens divisions in Tibet. „Lhasa is not only a sacred place but also politically significant in the Tibetan identity,“ said Tenzin Choekyi, a senior researcher at NGO Tibet Watch. „But when Tibetans see Tibet, how much of it is really left there?“ – Hong Kong Free Press

Becoming Strong. The New Chinese Foreign PolicyForeign Affairs

Just when you thought things couldn’t get any worse in Hong Kong… „Now the woman who hammered the nails into the coffin of Hong Kong’s autonomy suggests she may seek another term? Please!“ writes Kent Ewing. – Hong Kong Free Press

Opinion: China’s Worrying Economic Signs That Only the Government Has Noticed – Cai Xin Global

China’s Youth Unemployment Rate Rose in June as Record Number of Graduates Enter Job Market – Yicai Global

China issues guideline on high-level reform, opening-up of Shanghai’s Pudong – Xinhua Net

Explainer | China debt: has it changed in 2021 and how big is it now? China’s overall debt was 270.1 per cent of gross domestic product at the end of 2020, up from 246.5 per cent at the end of 2019 China’s outstanding foreign debt, including US dollar debt, reached US$2.4 trillion in 2020 (a bit outdated, but interesting material) – South China Morning Post

Covid-19 + Vaccine:

China first human infection case with Monkey B Virus dies of the virus – Global Times

Global Times/ China. 18. Juli 2021. Screenshot.

WHO chief says it was ‘premature’ to rule out COVID lab leakAP

Singapore reimposes coronavirus curbs as karaoke bar cluster upends reopening plans – South China Morning Post

China reviewing WHO proposal for new study into coronavirus origins including lab audits – South China Morning Post

CORONAVIRUS/Taiwanese man reportedly goes for a vaccine tripleFocus Taiwan

Indonesia. Nearly half of Jakartans may have had COVID-19, serosurvey suggests – Jakarta Post

Thailand. More curbs imposed on dark red provinces included Bangkok from Tuesday – The Nation

From Singapore to Hong Kong and Australia, Asia’s Covid-19 reopening is as much about politics as it is about science. As highly-vaccinated Singapore switches from fighting a pandemic to treating the coronavirus as endemic, a semblance of normal life beckons. The decision is likely to please a ‘battle weary’ public and puts the pressure on other ‘zero-Covid’ economies like Hong Kong and Australia to follow suit. Not all are in a position to do so – The Straits Times

Myanmar Crisis:

Yangon’s Major Cemeteries Report Unprecedented Influx of Bodies Amid COVID Surge – The Irrawaddy

Covid-19 infection rate hits nearly 35% in Myanmar, 1,435 die in 17 days – Eleven Media

COVID-19 response runs underground in junta-ruled Myanmar – Reuters for Inquirer News

The Irrawaddy. 17. July 2021. Screenshot.

Business + Economy:

Cyber India. How current snooping rules are different from 2009 order – The Statesman

EV China. Govt to create circular economy for electric power batteries – China Daily

Rubber Malaysia. Surge in global glove demand to boost exports – The Star

China-Europe rail trade undamaged by Beijing-Brussels tensions, posts record traffic via Xinjiang. Railway network between Europe and China saw a record number of freight train trips through Xinjiang in the first six months of the year. Rail line has prospered thanks to soaring sea freight costs and despite worsening relations between the European Union and China – South China Morning Post

Japan Inc hit by two corporate governance scandals in as many months – The Straits Times

Finance + Money:

Opinion: The seismic shift in global finance – Andrew Sheng for Jakarta Post

China’s central bank PBOC: Preset timetable not in place yet for e-CNY launch – China Daily

South Korea. Fintech platforms become major banking tool for young Koreans: survey – The Investor for Korea Herald

Asia Sentinel. 16. Juli 2021. Screenshot.

ANN Webinar. Webinar: The rise of ‘Govcoins’ and what’s next for cryptoThe Star

Climate + Environment:

Asia’s Waters and Marine Life in Deep Trouble. Turning Asia’s seas into a toxic toilet bowl – Asia Sentinel

Japan wants renewable energy to account for almost 40% of energy mix by 2030 – The Japan News

Domestic Politics:

Thai protesters back on streets, repeat calls for PM Prayut to resign as Covid-19 frustrations build – The Nation

Hà Nội: Non-essential businesses to close, people told to stay home starting tomorrow – Vietnam News

Philippines. Alert up for possible COVID-19 Delta variant surge – Inquirer 

Politics Nepal. Deuba wins vote of confidence in the reinstated House – The Kathmandu Post

North Korea. Why is Kim Jong-un clamping down on millennials, K-pop and slang? – The Korea Herald 

Thailand. More fake news. The palace released a new set of propaganda photographs on Saturday allegedly showing King Vajiralongkorn and his official consort Sineenat “Koi” Wongvajirabhakdi working hard in the kitchens of Amphorn Sathan Palace to cook food for medical workers treating coronavirus patients. – Secret Siam

Culture + Life Style + Olympics:

First positive COVID tests reported for 2 athletes in Olympic Village – Japan Today

Tokyo Olympics in troubled timesThe Korea Herald

China’s Cosmetic Surgery Trends Are Getting Riskier and Weirder. Chinese clinics are pushing women to undergo increasingly invasive procedures to obtain the perfect body. But the treatments can have serious side effects. – Sixth Tone

Sixth Tone. 9. Juli 2021. Screenshot.

Cannes Thailand. Thai director wins award from CannesThe Nation

History Nepal. Kathmandu’s first cups of tea – The Kathmandu Post

Art Vietnam. Artist opens space to preserve and develop dó painting – Vietnam News 

Media:

Vogue China Wants to Put a New Face on Chinese Fashion. The magazine’s new editorial director, Margaret Zhang, has won praise after launching a campaign to promote diversity in China’s fashion industry. – Sixth Tone

Opinion: Why the frequent banning of Tik Tok in Pakistan is problematic – Dawn

Unsung Hero of Myanmar’s ’88 Uprising Dies of COVID-19 – The Irrawaddy

On China’s Internet, Bad Parenting Advice Is a Big Problem. Parenting influencers claiming they can turn kids into superstar students are attracting huge followings on Chinese social media. But their advice is often highly problematic.Sixth Tone

Crime + Law:

Cyber-Crime. Japan goes on defense against cyberattacks ahead of Tokyo Olympics – The Japan News

Justice India. CJI says people of the largest democracy have confidence in judiciaryThe Statesman

Afghanistan-Pakistan. Afghan envoy’s daughter not abducted, it is an ‚international racket‘ led by RAW: Interior Minister – Dawn

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Über den Autor

Jürgen Kremb
... ist ein deutscher Autor, Journalist und Auslandskorrespondent, der vorwiegend zu Asien, Menschenrechten und den Sicherheitsdiensten publiziert. Er studierte und lehrte Ostasienwissenschaften (Japanologie, Sinologie, Tibetologie), Volkswirtschaft und Journalismus an der FU Berlin sowie an der Pädagogischen Hochschule in Taipei/ Taiwan. Als Autor schrieb er für zahlreiche Zeitungen und Zeitschriften im deutschsprachigen Raum. Dazu berichtete er für dpa, den Hörfunk und leitete mehr als zwei Jahrzehnte die SPIEGEL-Redaktionsvertretungen in Beijing, Singapur und Wien. Heute lebt Jürgen Kremb als Berater und Startup-Unternehmer in Wien und meist Singapur, von wo er sich gelegentlich auch für die NZZ und das Handelsblatt meldet.

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