Südostasiens Straßen sind gefährlicher als Covid-19. Und im Machtkampf gegen Partei-internen Widerstand setzt Xi Jinping auf die Armee.

Asia Times. 26. Januar 2022. Screenshot.Asia Times. 26. Januar 2022. Screenshot.

Die Asien-Presseschau vom 26. Januar 2022Wenn es nur nach Todeszahlen ginge, dann müsste man in Südostasien eigentlich einen permanenten Lockdown aufgrund des Straßenverkehrs verhängen. Denn deutlich mehr Menschen sterben in der Region zwischen Hanoi und Jakarta, von Manila bis Yangon in Autos und Bussen sowie durch Motorräder und Lkws, als an den Folgen einer Corona-Virus-Erkrankung.

Beispiel Kambodscha: das Land von knapp 17 Millionen Einwohnern notiert bisher etwa 3000 Tote in Folge der Atemwegserkrankung. Doch auf den Straßen waren laut Asia Times allein 2019 und 2020 etwa 3600 Verkehrsopfer zu beklagen.

Auch für das benachbarte Thailand – gut 70 Millionen Einwohner – ist die Analogie nicht abwegig. Im November 2020 schrieb Jitlakha Sukruay, Forscher am „Thailand Development Research Institute“, dass das Coronavirus nicht das größte Gesundheitsproblem des Landes sei, wenn man die Zahl der Todesfälle zugrunde legt. „Es sind die Verkehrsunfälle.“

Dabei sind die indirekten Toten, jene Menschen, die aufgrund der durch den Straßenverkehr verursachten Luftverschmutzung verstarben, da noch gar nicht eingerechnet.

Bereits 2011 bezeichnete eine Studie der Weltgesundheitsorganisation (WHO) Verletzungen im Straßenverkehr als „stille Epidemie“ in Südostasien. In weiten Teilen Südostasiens sind Straßenverkehrsunfälle die häufigste Ursache für Todesfälle und Verletzungen. Laut der WHO-Datenbank für 2019 waren Thailand sowie Vietnam die gefährlichsten Länder der Region mit einer Todesrate von 32,2 und 30,5 Personen pro 100 000 Einwohner.

Auf den weiteren Plätzen folgen Malaysia (22,4 pro 100.000), Myanmar (20,3), Kambodscha (19,5) und Laos (17,8). Im Vergleich dazu sterben im Durchschnitt nur zwei Singapurer pro 100.000 Einwohner bei Verkehrsunfällen.

Die Kosten dieser unbeachteten Pandemie sind immens. Nach einer Studie der Weltbank aus dem Jahre 2012 verschlingen Verkehrsunfälle und ihre Folgen in Vietnam 2,9 Prozent des Bruttoinlandsprodukts, in den Philippinen sogar 7,2 Prozent.

Kleines Trostpflaster: aufgrund des medizinischen Lockdowns infolge der Pandemie dürfte in den letzten beiden Jahren zumindest die Zahlen der Verkehrstoten drastisch zurückgegangen sein.

The Jamestown Foundation. 25. Januar 2022.

Auch in China hat die allgegenwärtige Beschäftigung mit der Pandemie einen durchaus bedeutenden Aspekt der Innenpolitik vollkommen vergessen lassen. Doch es gibt ihn noch. Gemeint sind die nicht minder gefährlichen, weil lebensbedrohend und freiheitsberaubenden Machtkämpfe in der Kommunistischen Partei Chinas (KPCh) und Kritik an Steuermann Xi Jinping.

Diese seien ähnlich wie das Covid-19-Virus keineswegs ausgemerzt, schreibt Willy Wo-Lap Lam, führender Experte auf dem Gebiet in einer Analyse für den US-Thinktank The Jamestown Foundation.

Der Journalist ist ehemaliger China-Redakteur der einst renommierten, jetzt von Peking kontrollierten South China Morning Post in Hongkong und wühlt sich täglich durch unzählige chinesische Zeitungen, offizielle Verlautbarungen und Internetposts. Dabei fördert er immer wieder Erstaunliches zutage.

So habe etwa die Dezemberausgabe 2021 des Magazins „China Discipline and Supervision“, immerhin im Besitz der KP-Disziplinarkommission, folgendes konstatiert:

  •  „Es gibt selbstgerechte Kader …, die offen Ansichten äußern, die im Widerspruch zur zentralen Parteibehörde stehen“ und:
  • „Einige Kader weigern sich, Befehle zu befolgen … Sie setzen sich über die Entscheidungen und die Politik der Zentrale hinweg“
  • „Andere hegen sogar übermäßige Ambitionen und handeln entweder offen oder heimlich gegen die Zentrale.“

Übersetzt aus dem Parteichinesisch und zusammengefasst heißt das: obwohl Xi Jinping (= die Zentrale) das Land mit Lockdown-Terror stillzustellen versucht, regen sich auch im KP-Apparat so viele kritische Stimmen gegen seinen Allmachtsanspruch, dass er den Widerstand selbst in der streng kontrollierten Parteipresse nicht totschweigen kann.

An Xi-Gegnern macht Lam vor allem …

  • die Shanghai-Clique um den ehemaligen KP-Chef Jiang Zemin und
  • Gefolgsleute von Ex-Vizepräsident Zeng Qinghong,
  • die Fraktion der Kommunistischen Jugendliga unter der Führung von Ex-Präsident Hu Jintao
  • und andere Prinzen (Nachkommen der Gründergeneration der Volksrepublik China) aus.

Was sie eint, ist das gemeinsame Ziel, verhindern zu wollen, dass Xi sich beim 20. Parteitag im Herbst auch zum Parteichef auf Lebenszeit ernennen lassen kann. Staatspräsident auf Lebenszeit ist er bereits.

Xi bekämpfe den Partei-internen Widerstand, so Lam, indem er in einem geradezu inflationären Ausmaße Offiziere der Volksbefreiungsarmee zu Generälen ernenne.

Damit folgt Steuermann Xi einem Credo von seinem Vorbild Mao Zedong, der einst postulierte:

Die Macht kommt aus den Gewehrläufen.“

Bei Xi Jinping klingt das allerdings noch eine Spur martialischer:

„Wir sind mutig, wenn es darum geht, das Messer nach innen zu drehen, durch die Knochen zu schneiden, um das Gift loszuwerden, um die Langlebigkeit und die unaufhörliche Stärkung der Partei zu garantieren.“

Unter Mao Zedong hatte solch verklausulierter Wahn letztlich zu 50 bis 70 Millionen Todesopfern geführt. Bei Xi ist die Rechnung noch nicht aufgemacht.

Anbei die Links dazu aus den englischsprachigen Tageszeitungen in Süd-, Südost- und Ostasien sowie anderen Weltregionen.*

Global Times. 26. Januar 2022. Screenshot

Geopolitics + South China Sea + Diplomacy:

Taliban Talks in Norway Raise New Debate About RecognitionKhaosod

China-Central Asia neighborly relations a good lesson to Washington: Global Times editorial – Global Times

Japanese aid to Tonga aimed at countering China’s influence – The Japan News

China + Hongkong + Taiwan + Beijing Olympics:

Olympics China. Xi: China ready to deliver safe, splendid Winter OlympicsChina Daily

As Rival Factions Gain Traction, Xi Seeks to Secure Support from the MilitaryJamestown Foundation

Global Times. 26. Januar 2022. Screenshot.

Exclusive: Dirty trick again! US plots to authorize departure of staff from embassies in China over epidemic ahead of Beijing Olympics – Global Times

Hong Kong’s Top Jurist Defends Indeterminate Pretrial Detention. Also publicly cedes power to appoint trial judges to government – Asia Sentinel

Domestic Politics:

Politics South Korea. Yoon leads Lee 44.7% to 35.6%: in presidential bid poll – The Korea Herald

Myanmar Crisis:

The Irrawaddy. 26. Januar 2022. Screenshot.

Myanmar junta threatens pot-banging protesters with treasonJakarta Post

Myanmar’s Military Knows Only the Language of Force – The Irrawaddy

Covid-19 + Vaccine + Science:

Covid-19: Third 5-day lockdown at housing estate as Lam says Hong Kong risks ‘tsunami-like’ outbreakHong Kong Free Press

Thailand’s universities need to tweak their model. The Covid-19 crisis is an opportunity to improve learning for the benefit of students, families, educators and employers – Globe South East Asia

More than 370,000 people left in limbo by Japan virus entry banJapan Today

Hong Kong Free Press. 25. Januar 2022. Screenshot.

Business + Economy:

Economy China-US. IMF cuts growth forecasts for US, China and the world as Omicron spreadsThe Straits Times

Energy Vietnam. RoK firm invests US$200 million in solar power in Viet NamVietnam News

Banking + Money + Crypto:

Digital IMF: Benefits of digital currency platform – The Star

Virtual South Korea. Korea’s virtual asset market to reach W1,000tr by 2026: report – The Korea Herald

The Korean Herald. 26. Januar 2022. Screenshot.

Thailand to regulate use of digital assets as paymentsThe Star

Media + Tech:

Media Philippines. Billionaire Manny Villar to become next media tycoon after taking over ABS-CBN frequencies – Inquirer

Xi Jinping Targets Big Tech. China’s anti-graft agencies possibly targeting Ant, watching Tencent – Asia Sentinel

Asia Sentinel. 26. Januar 2022. Asia Sentinel.

Climate + Environment:

Green Indonesia. Singapore to pump $12.4 billion in Indonesia’s green economy, logistics port hub – The Straits Times

Culture + Life Style + Travel:

Tourism Laos. Domestic tourism booming after travel curbs eased– Vientiane Times

Travel Japan. Business circles call for easing of border control measures – The Japan News

Crime + Law + Espionage:

Southeast Asia’s roads more dangerous than Covid With death tolls higher than Covid-19 fatalities, Southeast Asian roads are some of the most dangerous in the world – Asia Times

Pakistan slides 16 spots on corruption perceptions index, now ranks 140 out of 180 countries: report – Dawn

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Über den Autor

Jürgen Kremb
... ist ein deutscher Autor, Journalist und Auslandskorrespondent, der vorwiegend zu Asien, Menschenrechten und den Sicherheitsdiensten publiziert. Er studierte und lehrte Ostasienwissenschaften (Japanologie, Sinologie, Tibetologie), Volkswirtschaft und Journalismus an der FU Berlin sowie an der Pädagogischen Hochschule in Taipei/ Taiwan. Als Autor schrieb er für zahlreiche Zeitungen und Zeitschriften im deutschsprachigen Raum. Dazu berichtete er für dpa, den Hörfunk und leitete mehr als zwei Jahrzehnte die SPIEGEL-Redaktionsvertretungen in Beijing, Singapur und Wien. Heute lebt Jürgen Kremb als Berater und Startup-Unternehmer in Wien und meist Singapur, von wo er sich gelegentlich auch für die NZZ und das Handelsblatt meldet.

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