In den letzten Wochen wurde viel gerätselt, wie ein militärischer Schlagabtausch zwischen China und den USA ausgehen könnte. Schwer vorauszusagen ist die zentrale Botschaft, da es dafür keinen Präzedenzfall gäbe. Das ist nicht ganz korrekt. Denn bereits 1999 waren die beiden Supermächte militärisch aneinandergeraten. Nur war über die Hintergründe bisher wenig bekannt. Aber jetzt kommt mehr Licht ins Dunkle der Ereignisse und zwar ausgerechnet aus Peking.
Es war der 7. Mai 1999, Höhepunkt der NATO-Bombardierung Jugoslawiens, genannt Operation Allied Force. Da trafen fünf Lenkwaffen, abgefeuert von einem US-Tarnkappenbomber die Botschaft der Volksrepublik China im Stadtteil Neu-Belgrad der jugoslawischen Hauptstadt. Bei den ersten beiden Geschossen handelte es sich um sogenannte „Bunker-Knacker“, diese sollten zunächst die massiv gesicherte Außenwand des Gebäudes zerstören.
Kurz danach suchten sich drei Lenkwaffen ihren Weg durch die zerstörte Außenwand in die Tiefgeschosse des Gebäudes und richteten dort totale Zerstörung an. Drei chinesische Journalisten kamen bei der Aktion ums Leben. Einer davon war der Vertreter der Guangming Ribao, die normalerweise Befehlsträger des chinesischen Militärischen Abschirmdienstes sind. Ein Weiterer kam von der Nachrichtenagentur Xinhua, die in Wirklichkeit ein Nachrichtendienst ist. 26 weitere Personen wurden zum Teil schwer verletzt.
Kurz danach ließ die chinesische Führung in Peking den nationalistischen Mob auf die US-Botschaft los. Schon waren die Dokumentenschredder angeworfen worden, denn es drohte die Erstürmung des Geländes. In Washington trat daraufhin Präsident Bill Clinton vor die Presse, entschuldigte sich für das Bombardement und erklärte, es sei ein Versehen gewesen.
Der Direktor der Central Intelligence Agency (CIA), George Tenet, sagte später vor einem Kongressausschuss, dass das Bombardement das einzige in der Kampagne gewesen sei, das von der CIA organisiert und geleitet wurde. Man habe versehentlich die falschen Koordinaten für ein militärisches Ziel der Jugoslawen eingegeben, das in derselben Straße liege.
Die chinesische Regierung gab am Tag des Bombardements eine Erklärung heraus, in der es hieß, es sei ein „barbarischer Akt“ gewesen. Aber das war genauso eine Lüge, wie die Statements der amerikanischen Seite.
In Wahrheit hatten die Chinesen im Keller des Gebäudes eine militärische Leit- und Aufklärungszentrale für das Regime von Slobodan Milošević eingerichtet. Man erhoffte sich dort einerseits Erkenntnisse über die NATO-Kriegsführung gewinnen zu können. Aber gleichzeitig saßen im Botschaftskeller Offiziere der serbischen Armee und gaben alle von den Chinesen erworbenen Details sofort an den eigenen Generalstab weiter. Das führte dann auch prompt zum Abschuss eines US-Tarnkappenbombers über serbischem Territorium.
Als die Amerikaner davon erfuhren, bestellten sie den chinesischen Botschafter in Washington ein und erteilten ihm folgende Warnung: „Wir wissen, was ihr in Belgrad treibt. Lasst die Finger davon, denn das ist unser Teil der Welt.“ Peking entschloss sich diese unzweideutige Warnung zu ignorieren. Wenige Tage später lag die chinesische Botschaft in Belgrad in Schutt und Asche. Peking hatte seine Lektion vorerst gelernt.
Um so interessanter ist, dass nun aus Xi Jinpings China vor wenigen Tage eine weitere Version der Vorkommnisse präsentiert wird. Kurz nachdem sich die Top-Diplomaten der USA und Chinas Ende März in Alaska in die Haare geraten waren, erschien im chinesischen Internet ein Artikel mit der Überschrift: „Warum die chinesische Botschaft 1999 in Jugoslawien mit US-Präzisionswaffen angegriffen wurde.“
Dazu muss man zweierlei wissen:
- auch im chinesischen Internet können Artikel mit dieser Tragweite nicht ohne die Billigung der chinesischen Staatsführung erscheinen.
- Und bisher hatte Peking nie der Deutung der USA widersprochen, dass die Zerstörung der Botschaft in Belgrad ein Versehen gewesen sei.
Der Artikel, hier eine Analyse aus den japanischen Medien, versucht nun aber eine weitere Version der Ereignisse zu generieren. Und die beginnt so:
- Etwas mehr als einen Monat vor dem Bombenangriff, war ein US-Tarnkappenjäger vom Typ F-117 Nighthawk über dem Kosovo von einer russischen Boden-Luft-Rakete abgeschossen worden. Diese sei von serbischen Offizieren der damaligen jugoslawischen Armee bedient worden.
- Die Wrackteile wurden über Ackerland verstreut, und einige Teile wurden später im Belgrader Luftfahrtmuseum ausgestellt.
- Aber auch chinesische Agenten durchkämmten das Gebiet und kauften Teile des Flugzeugs von den örtlichen Bauern auf, um sie vor dem Weitertransport in der chinesischen Botschaft in Belgrad zwischenzulagern.
Die B-2-Bomber wurden deshalb aus den USA geschickt, um zu verhindern, dass militärische Geheimnisse in die Hände Chinas fallen, so die Schlussfolgerung des Artikels, der aber noch ein weiteres, bisher nicht bekanntes Detail offenbart. So habe eine der Bomben tatsächlich den Keller der Botschaft erreicht, sei aber nicht explodiert. Ob dies der Wahrheit entspricht, ist mehr als fraglich. Bemerkenswert ist aber der Zeitpunkt des Erscheinens.
Der Artikel wurde nicht nur kurz vor dem Besuch des serbischen und ungarischen Außenministers in Peking lanciert. Fast zeitgleich präsentierten die staatlichen Abendnachrichten des chinesischen Fernsehens CCTV Aufnahmen des neuen J-20 Tarnkappenjägers, der eine „Quelle des nationalen Stolzes“ sei.
Zeitungen sind zudem voll mit Berichten, dass China einen Waffengang mit den USA gewinnen könne und die Demütigung wie 1999 in Belgrad der Geschichte angehören.
Wenngleich diese Drohkulisse eindeutig gegen Taiwan gerichtet ist, versehen mit der Warnung an Washington, sich aus dem aufziehenden Waffengang herauszuhalten, sollten auch europäische Nationen aus dem Säbelgerassel ihre Lehre ziehen. Besonders Staaten wie Serbien, mit seiner Umarmung des Pekinger Xi-Regimes und das Ungarn eines Victor Orbans, der sich gerade Peking bedingungslos an den Hals wirft.
Wer Peking und Xi Jinping nämlich zu sehr die Treue schwört, dem könnte es bald wie Hongkong und seinen Bürgern ergehen. Dort kommt ein Eid auf Peking jetzt als letzter Sargnagel der Demokratie daher.
Die Links dazu anbei, in den Asien-News-Highlights aus den englischsprachigen Tageszeitungen in Süd-, Südost- und Ostasien sowie anderen Weltregionen.*
4th June 1989:
Tiananmen Anniversary: Microsoft Bing blocks ‘tank man’– The Taipei Times
Tiananmen Massacre vigil leader released on HK$10k bail following arrest over Facebook post. „They want to threaten the media by saying if you are doing more interviews on this sensitive topic, your interviewees will get arrested,“ Chow Hang-tung said, adding that she would continue to speak up. – Hong Kong Free Press
Geopolitics + South China Sea:
Analysis: Mystery of 1999 US stealth jet shootdown returns with twist. China embassy was bombed to destroy F-117’s remains, recent articles say – Nikkei Asia
U.S.‘ vaccine donation a sign of strong support for Taiwan: MOFA – Focus Taiwan
How should mainland react to C-17 strategic aircraft landing in Taiwan?: Global Times editorial – Global Times/ China
Indonesia’s military still preoccupied with internal security – Eastasia Forum
China + Taiwan + Hong Kong:
Hong Kong’s new loyalty oath is the final nail in democracy’s coffin. After the security law and election overhaul, „this additional law is actually the most devastating of all…“ writes Suzanne Pepper. – Hong Kong Free Press
China. Company employs AI to cash in on crawfish craze – China Daily
Covid-19 + Vaccine:
Taiwan. CORONAVIRUS/Shopping time at wet markets to be capped at 1 hour: CECC – Focus Taiwan
China. Nation to boost world vaccine supplies – China Daily
Philippines. PH expects delivery of 10 million doses of COVID-19 vaccines in June – Inquirer
Laos. Mass rollout of Pfizer vaccine to begin next week – Vientiane Times
Sri Lanka. Sri Lanka to acquire 2mn Sinopharm doses in June, 400,000 Sputnik V in July – The Island
Tokyo reports 351 new coronavirus cases; nationwide tally 2,022 – Japan Today
South Korea. Over 1m doses of J&J vaccine from US arrive in S. Korea – Korea Herald
Taiwan. President Tsai thanks Japan, U.S. for providing vaccines to Taiwan – The China Post
Thailand. US assistance to Thailand to combat Covid-19 worth $30m – The Nation
Uncertain for Bhutan to receive vaccines from the USA – Kuensel Online
Singapore: Women less satisfied with marriage during, after COVID-19 lockdown – JapanNews/ The Straits Times
Thailand. Hi-so clubbing, Covid explosion: Krystal clear – Bangkok Post
Myanmar Crisis:
At least three killed as Myanmar villagers battle junta forces – AFP for Borneo Bulletin
Ban imposed on soap, soap powder and toothpaste from Thailand – Eleven Media
Myanmar Junta Uses Human Shields to Stop KIA Attacks – The Irrwawaddy
Asean envoys meet with Senior General Min Aung Hlaing – Eleven Media
Myanmar junta opponents say no faith in Asean as envoys visit – Agencies for The Straits Times
Myanmar poets square off against junta’s war on words – AFP for Inquirer
Business + Economy:
Singapore researchers develop blood test for cancer treatment and detection – The Straits Times
Tech Thailand. Line Man Wongnai eyes district-level expansion in Thailand this year – Korea Herald
Business Nepal. Sunsari-Morang sees 20,000 workers laid off as lockdown chokes factories – Kathmandu Post
Vietnam. Avoid excessive COVID-19 measures that disrupt business and production – Vietnam News
Shipping Thailand. Interview: Container shortage a bigger worry for shippers council than factory Covid clusters – The Nation
E-commerce Japan. ANA group company launches internet shopping service for Chinese customers – The Japan News
South Korea. AI Bankers may be future of retail banking – Korea Herald
Taiwan. Hon Hai records best-ever sales for the month of May – Focus Taiwan
Milestone Japan. World’s first liquefied hydrogen carrier to be tested by Japanese firms – The Japan News
Travel Thailand. CESA greenlights Phuket tourism sandbox from July 1 – The Nation
Climate + Environment:
Disaster Sri Lanka. MV X-Press Pearl disaster: Four options on the table for compensation – The Island
Pakistan. PM calls on developed world to support countries vulnerable to climate change – Dawn
China aims to make disclosure of climate information mandatory – China Daily
Singapore. NTU study on rising sea levels in S’pore is valuable record, offers strategic insight: Researchers – The Straits Times
Wildlife Philippines. Editorial: Curbing wildlife trafficking – Inquirer
Himalaya. Black carbon speeding up melting of glaciers, posing water scarcity threat to millions, report finds – The Kathmandu Post
Why is it still so hot? – Thai Enquirer
Domestic Politics:
Opinion: Losing Faith in Thai Govt’s Timely Inoculation Abilities – Khaosod
Delhi lockdown relaxations: Markets to resume on odd-even basis, metro to restart from Monday – The Statesman
Kim Jong Un reappears at politburo meeting, calls ‘urgent’ party event next week – NK News
Philippines bars nurses from working abroad as annual limit is reached – The Straits Times
Society Pakistan. Opinion: Malala’s crime is not her opinions on marriage — it’s surviving and thriving – Dawn
Culture + Olympics:
Communication the game changer for Tokyo Olympics: ex-IOC marketing chief – Japan Today
Olympics. Opinion: Let Olympics win over Covid-19 – Andrew Sheng for ANN/The Star
Cinema South Korea-Thai. Na Hong-jin’s Thai-Korean film ‘The Medium’ coming to theaters in July – Koran Herald
China’s disenchanted youth ‘lie flat’ to cope with modern life – Hong Kong Free Press
Media:
Myanmar Military Court Sentences Journalists to Jail – Khaosod
Taiwan in Time: Taiwan’s ‘Mister Weather’ Legendary broadcaster Jen Li-yu was the first meteorologist to forecast the weather on television – The Taipei Times
Media China. Editorial: ‚A Loveable China‘ – The Statesman
Society Bangladesh. Opinion: What message has journalist Rozina Islam’s imprisonment sent us? – The Daily Star
Crime + Law:
Trafficking Pakistan. Feature: On the human smuggling trail – Dawn
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Kommentar hinterlassen zu "Peking: Warum die USA 1999 „wirklich“ die chinesische Botschaft in Belgrad bombardierte. Und Myanmars Putschgeneräle benutzen jetzt Zivilisten als menschliche Schilde gegen Aufständische. (Die Asien-Presseschau vom 7. Juni 2021)"