Wie grausam Thailand seine Dissidenten verschwinden lässt

Yahoo News. Symbolbild. König Thailand. Screenshot.

Bisweilen muss man Artikel hier mit einer Lesewarnung versehen. Getreu dem Motto: „Vorsicht, diese Geschichte kann wehtuen beim Lesen, denn sie wird Ihr Weltbild gehörig durcheinanderwirbeln.“ Die neuste Ausgabe von Secret Siam ist wieder einmal solch ein schockierendes, weil herausragendes Stück Lesestoff.

Herausgeber Andrew MacGregor Marshall, ein früherer Korrespondent der Nachrichtenagentur Reuters in Bangkok, erzählt die präzise recherchierte Geschichte vom Verschwinden seines Freundes Wanchalerm Satsaksit, einem bekannten thailändischen Dissidenten.

Die Geschichte schmerzt, weil sie in epischer Breite ein Stück weithin ignoriertes Thailand schildert. Nicht das Land von Tropensonne, blütenweißen Stränden und ewig dienstbereitem Hotelpersonal wird da detailreich beschrieben, sondern ein wahrhafter Hort der Finsternis, ein dunkles Loch der brutalen Rechtlosigkeit in dem Andersdenkende zu Tode gefoltert werden und – wenn überhaupt – ihre grausam entstellten Leichen, an den Gestaden des Mekongs wieder angespült werden.

Und das besonders Schockierende, viele der Morde an Dissidenten, unterstellt MacGregor Marschall mehr oder minder direkt, würden von König Vajiralongkorn aus seinem bayerischen Exil am Starnberger See befohlen und dann in Südostasien meist auf bestialische Art und Weise ausgeführt.

Warnung I: Der Brite ist ein geschätzter Kollege und Landeskenner mit einem faszinierenden Netzwerk von Insiderquellen. Aber unabhängig lassen sich diese schwerwiegenden Vorwürfe gegen thailändische Amts- und Würdeträger nicht verifizieren.

Warnung II: Löschen Sie diese Ausgabe des „Rikscha-Reports“ von Ihrem Smartphone, sollten Sie sich gerade in Thailand befinden oder planen demnächst in das Tropen-„Paradies“ einzureisen, sobald das Corona-Virus das wieder zulässt.

Eine ganz andere, abgehobene Welt von Privilegierten, die sich offenbar entrückt jedweder sozialen Wirklichkeit, weitab geltender Normen bewegen, geht es in diesem wahrhaft sehenswerten Bericht der BBC über „crazy rich Asians“, vielmehr „crazy rich Chinese“. Die Reportage handelt von den vermeintlich schweißtreibenden Mühen der chinesischen KP-Prinzen und vor allem KP-Prinzessinnen, also jener verwöhnten Brut von volkschinesischen Spitzenpolitikern, Managern, Milliardären und anderen Günstlingen, die das herrschende System nutzen dürfen, um selbst in Saus und Braus zu leben, während die Mehrheit sich zum Wohlen von Partei, Nation und Vaterland den Buckel krumm schuften muss.

Umso erstaunlicher eine Meldung aus Indonesien, der weithin unterschätzen, aber trotz allen Widrigkeiten mittlerweile lebendigsten und vor allem größten Demokratien in Südostasien. Das größte muslimische Land der Erde, das auf sämtlichen Indizes der korruptesten Nationen ganz oben rangiert, will sich die auftürmenden Kosten für die Bekämpfung der Covid-19-Pandemie jetzt von den Superreichen zurückholen.

Aus: Die Asien-Presseschau vom 16. Juni 2021

Über den Autor

Jürgen Kremb
... ist ein deutscher Autor, Journalist und Auslandskorrespondent, der vorwiegend zu Asien, Menschenrechten und den Sicherheitsdiensten publiziert. Er studierte und lehrte Ostasienwissenschaften (Japanologie, Sinologie, Tibetologie), Volkswirtschaft und Journalismus an der FU Berlin sowie an der Pädagogischen Hochschule in Taipei/ Taiwan. Als Autor schrieb er für zahlreiche Zeitungen und Zeitschriften im deutschsprachigen Raum. Dazu berichtete er für dpa, den Hörfunk und leitete mehr als zwei Jahrzehnte die SPIEGEL-Redaktionsvertretungen in Beijing, Singapur und Wien. Heute lebt Jürgen Kremb als Berater und Startup-Unternehmer in Wien und meist Singapur, von wo er sich gelegentlich auch für die NZZ und das Handelsblatt meldet.

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