US-Sanktionsdrohungen an China schockt Asien. Und ein Telefongespräch zwischen Shinzo Abe und Tsai Ing-wen kündet von einer Zeitenwende.

YouTube. 22. März 2022. Screenshot.YouTube. 22. März 2022. Screenshot.

Die Asien-Presseschau vom 23. März 2022 – Die unmissverständliche Warnung von US-Präsident Joe Biden, China mit harten Sanktionen zu überziehen, sollte Peking Russland im Ukraine-Krieg unterstützen, macht jetzt auch asiatische Staaten nervös.

Als erstes könnte die Regierung in Jakarta in die Zwickmühle der Großmachtinteressen geraten. Denn Indonesien ist dieses Jahr das Gastgeberland für den G-20-Gipfel, zu dem neben Joe Biden und dem chinesischen Staats- und KP-Chef Xi Jinping auch Russlands Präsident Wladimir Putin im Oktober nach Bali geladen werden sollten.

Bisher hat sich die Regierung des mit gut 275 Millionen Einwohnern größten Landes in Südostasien damit herausgeredet, dass die Tagesordnung auf die Bereiche Wirtschaftspolitik, globale Gesundheit und Klimawandel beschränkt sei. Aber es ist nicht nur undenkbar, dass Biden dort anreist, sollte Putin nicht ausgeladen werden. Auch Thailand befindet sich in einem ähnlichen Dilemma. In Bangkok wollten sich im November die 21 Staatschefs der Pazifik-Anrainerstaaten eigentlich zum APEC-Gipfel treffen. Aber das waren die Pläne vor Moskaus Krieg in der Ukraine.

In Washington ist man schon wütend genug auf die regierenden Generäle in Bangkok, angesichts der zunehmenden Nähe zu Peking und ihrer Weigerung, alsbald wieder demokratische Wahlen zuzulassen. Dass Bangkok nun Putin nicht längst die Rute ins Fenster gestellt hat, sorgt in US-Regierungskreisen für Entrüstung über den einst zuverlässigsten Partner in der Region.

Das ist gefährlich. Denn US-Sanktionen würden den ohnehin Corona-geschwächten Tourismussektor verheerend treffen. Das kann sich das „Land der Freien“, wie sich die Thais gerne selbst titulieren, eigentlich nicht mehr leisten.

Für Ruhe auf dem diplomatischen Parkett in Südostasien sorgte zumindest erstmal, dass sowohl Bangkok, als auch Jakarta den Resolutionsentwurf der Vereinten Nationen unterstützt haben, in dem Russland zum Abzug seiner Truppen aus der Ukraine aufgefordert wurde. Und Indonesiens Staatspräsident Joko Widodo ließ bald nach dem Einfall der Russen in der Ukraine auf seinem Twitter-Konto verkünden. „Stoppt den Krieg.“

Schienen Bündnisse vor dem Ukraine-Krieg im pragmatischen Asien, dem Wachstumskontinent, vor allem von wirtschaftlichen Interessen diktiert, so ist das Primat der Politik derart mächtig und dominant zurückgekehrt, wie es zuletzt in den Sechzigerjahren des vergangenen Jahrhunderts in Asien der Fall war. Und da treten nun Kooperationen zutage, gibt es Gesten und spricht man von Allianzen, an die Geschäftsleute, Politiker und vor allem Diplomaten vor ein, zwei Jahren noch nicht einmal zu denken gewagt hätten.

Japan Today. 23. März 2022. Screenshot.

Ein Ereignis, das von dieser frappierenden Zeitenwende verkündet, war ein Telefongespräch, das gestern stattfand. Da konferierten Japans Ex-Premier Shinzo Abe, noch immer graue Eminenz der Politik und einer der einflussreichsten Männer des Landes, mit Taiwans Präsidentin Tsai Ing-wen.

Der Rahmen für den Austausch bildete der sogenannte „Parlamentarische Konsultativ-Rat“ der beiden US-Getreuen. In der Vergangenheit hätte zumindest Abe darauf bestanden, den Inhalt eines solchen Gesprächs aus Rücksicht auf China „low key“, also ohne Öffentlichkeit, abzuhalten. Jetzt ging der Dialog im Beisein der Medien über die Bühne und wurde gar auf YouTube übertragen.

Die indo-pazifische Region müsse im Einklang mit dem Völkerrecht frei und offen bleiben, sagte der ehemalige Premierminister und fügte hinzu, dass alle Versuche, den Status quo einseitig mit Gewalt zu verändern, zurückgewiesen werden müssten.

Tsai sagte in Anspielung auf die russische Invasion in der Ukraine, dass ein solcher Akt der gewaltsamen Änderung des Status quo und der Verletzung der Souveränität einer demokratischen Nation in der indo-pazifischen Region niemals zugelassen werden dürfe.

Die Message daraus ist klar. Die Zeiten, als Japan eine gewaltsame Einvernahme Taiwans noch zähneknirschend, aus Angst vor einem übermächtigen und hochgerüsteten China, dem lukrativen Markt ohnehin, hingenommen hätte, sind ein- für allemal vorbei.

Xi Jinping und seine Wolfskrieger werden nicht nur umdenken, sondern auch umplanen müssen.

Anbei die Links dazu aus den englischsprachigen Tageszeitungen in Süd-, Südost- und Ostasien sowie anderen Weltregionen.*

Geopolitics + South China Sea – Asia on Ukraine Invasion:

Zelenskyy to appeal to Japan in unprecedented online speech to parliament – The Japan Times

Diplomacy China-Nepal. Chinese foreign minister visiting on March 25-27 – The Kathmandu Post

U.S. threat to sanction China is spooking other nations in Asia – The Japan Times

US pardoned Japan’s war criminals in exchange for Unit 731 chemical weapons – how trustworthy is its clarification on Ukraine labs? – Global Times

China + Hongkong + Taiwan:

Shinzo Abe urges information sharing between Taiwan and JapanFocus Taiwan

If the US really acts wildly on China over the Ukraine issue, Chinese people will just face it – Global Times

Can China be trusted? As the Russia-Ukraine war shows, Beijing often says one thing and does another – Hong Kong Free Press

Chinese missiles can likely sink US carriers: report. Congressional Research Service quotes US commanders saying Chinese anti-ship ballistic missiles can now hit moving targets – Asia Tims

Domestic Politics:

angkok Post. 23. März 2022. Screenshot.

Thailand. Paetongtarn tipped as candidate for PM. Analysis: Thaksin’s youngest daughter is shaping up to be a key part of the Pheu Thai Party’s election bid – Bangkok Post

Japan, U.S. remote island defense drill revealed to press – Japan Today

Pakistan. OIC FMs to discuss challenges faced by Muslim world – Dawn

Myanmar Crisis:

Asia Times. 23. März 2022. Screenshot.

SAC’s Chair receives ASEAN special envoy to Myanmar in Nay Pyi Taw – Eleven Media 

Myanmar, North Korea on a new missile-making mission. Pariah states have quietly restored military ties and are working to produce guided, ballistic and submarine launched missiles in Myanmar – Asia Times

Covid-19 + Vaccine + Science:

South Korea’s daily coronavirus cases spike to near 500,000; total caseload surpasses 10m – The Korea Herald

HKFP. 20. März 2022. Screenshot.

Hongkong. Official: HK outbreak waning, but situation remains tenseChina Daily

Explainer: How Hong Kong’s Covid policies shifted during the fifth wave crisis – Hong Kong Free Press

Business + Economy:

Sri Lanka sends troops to oversee fuel distribution –  The Daily Star

Thailand. 10 measures to ease yoke of rising costs for 3 months get Cabinet nod – The Nation

Philippines. DOF squeezing GOCCs to fund bigger cash aid – Inquirer 

Transforming to rely less on labour and energy will make Singapore firms stronger: Finance Min Lawrence Wong – The Straits Times

Banking + Money + Crypto:

Bangkok Post. 23. März 2022. Screenshot

Govt bars use of cryptocurrencies as method of paymentBangkok Post

Banks Thailand. Four Thai banks get a ratings downgrade due to ’systematic risks‘The Nation

Media + Tech:

Lithuania minister proposes joint fab as Taiwanese delegation visits VilniusThe Taipei Times

The Taipei Times. 23. März 2022. Screenshot.

Mizuho Financial to tie up with Google to ramp up digitalization – Japan Today

Climate + Environment:

South Korea sued to stop deep-sea gas pipelineBBC Asia

Pakistan will run out of Water in three years. Editorial: World Water DayDawn

Culture + Life Style + Travel:

Society Nepal. UN survey says Nepalis are happiest in South Asia, but experts doubt – The Kathmandu Post

Travel Malaysia. MAS set to increase capacity to international routes – The Star

Crime + Law + Espionage:

Blood Slave’ con woman receives 6-month jail termThe Phnom Penh Post

Trafficking Malaysia. Doing the right thing to end human traffickingThe Star

The Star/ Malysia. 23. März 2022. Screenshot.

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Über den Autor

Jürgen Kremb
... ist ein deutscher Autor, Journalist und Auslandskorrespondent, der vorwiegend zu Asien, Menschenrechten und den Sicherheitsdiensten publiziert. Er studierte und lehrte Ostasienwissenschaften (Japanologie, Sinologie, Tibetologie), Volkswirtschaft und Journalismus an der FU Berlin sowie an der Pädagogischen Hochschule in Taipei/ Taiwan. Als Autor schrieb er für zahlreiche Zeitungen und Zeitschriften im deutschsprachigen Raum. Dazu berichtete er für dpa, den Hörfunk und leitete mehr als zwei Jahrzehnte die SPIEGEL-Redaktionsvertretungen in Beijing, Singapur und Wien. Heute lebt Jürgen Kremb als Berater und Startup-Unternehmer in Wien und meist Singapur, von wo er sich gelegentlich auch für die NZZ und das Handelsblatt meldet.

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