Es klingt wie ein Witz, wenn auch ein sehr schlechter nur. Dabei wohnt der Nachricht aus dem Inquirer, der größten Tageszeitung der Philippinen, schon etwas Apokalyptisches inne. Auf dem Archipel von exakt 7641 Inseln gehen die Fische aus. Und damit droht auch eine der Haupt-Proteinquellen für die mehr als 110 Millionen Menschen knapp zu werden.
Das Ministerium für Ernährung in Manila teilte am Mittwoch mit, es sei zu erwarten, dass sich schon in Kürze das Angebot an bestimmten Fischarten dramatisch verknappen werde. Man müsse deshalb sofort die unglaubliche Menge von 60.000 Tonnen kleiner „pelagischer Fische wie etwa Makrelen importieren“, um einen Teil des für das erste Quartal 2022 „erwarteten Engpasses“ in der lokalen Versorgung zu decken, so Minister William Dar.
Die Engpässe des Ministers übersetzen sich bei den vielen zehn Millionen, die auf den Philippinen noch immer unter der Armutsgrenze leben, ganz anders. Da heißen Engpässe nämlich sehr schnell nur noch „Hunger“ und „Mangelernährung“.
Als Ursache für die Misere benannte der Politiker „die Natur“. So habe der unlängst wütende Taifun mit dem Namen „Odette“ erhebliche Schäden an der „pelagischen Zone“ angerichtet.
Da muss der Amtschef aber etwas gehörig missverstanden haben. Denn der Fachbegriff aus dem Reich der Ozeanologen beschreibt folgendes:
„Pelagische Zone, ökologischer Bereich, der die gesamte Wassersäule des Ozeans umfasst. Von allen bewohnten Lebensräumen der Erde hat die pelagische Zone das größte Volumen (1.370.000.000 Kubikkilometer) und die größte vertikale Ausdehnung (11.000 Meter). Pelagisches Leben findet sich in der gesamten Wassersäule, obwohl die Anzahl der Individuen und Arten mit zunehmender Tiefe abnimmt.“
Eigentlich heißt das, was der Minister sagen will: Die Meere um die Philippinen sind leergefischt.
Auch die Verursacher dafür lassen sich einfach ausmachen. Schuld daran sind die industriellen Fangflotten der Nachbarländer der Philippinen, nämlich Japans, Taiwans, Koreas aber vor allem Chinas. Im Auftrage der kommunistischen Partei in Peking wird der Pazifik mit kriminellen Methoden derart rigoros leergeplündert, dass für ärmere Länder nichts mehr übrigbleibt. Und dies in einem Ausmaße, dass es immer wahrscheinlicher wird, dass sich die Fischbestände nicht mehr aus eigenen Kräften regenerieren können.
Die ehemalige Ministerin für Fischerei Indonesiens, Susi Pudjiastuti, hatte mir den Ablauf des kriminellen Raubbaus vor Jahren einmal im Detail erklärt. Das geht so:
- Chinas Fischfangunternehmen würde etwa bei lokalen indonesischen Behörden in den Provinzen oder auf abgelegenen Inseln eine beschränkte Erlaubnis für die Befischung einer Meeresregion erwerben. Meistens ist Korruption im Spiel, um den Preis zu drücken. Aber das ist schwer nachweisbar.
- Damit ist es dann genau einem chinesischen Boot mit einer registrierten Nummer erlaubt, in dem vertraglich vereinbarten Gebiet zeitlich beschränkt zu fischen.
- Wochen danach tauchen dann aber in den Gewässern dutzende chinesische Boote auf, die alle dieselbe Registriernummer tragen, für die nur eine Lizenz erworben wurde.
In Indonesien und in den Weiten des indischen Ozeans sind derart etwa die Tuna-Bestände so gefährlich dezimiert, dass eine natürliche Erneuerung wahrscheinlich nicht mehr möglich ist. Ähnliches spielt sich in den Gewässern der Philippinen ab. Dort fischen chinesische Fangflotten mit vielen Kilometer langen Schleppnetzen die gesamten Ozeane leer.
Der chinesische Fisch-Diebstahl macht aber mittlerweile auch vor den Gewässern Südamerikas nicht mehr halt. Im Jahr 2020 tauchten hunderte, einige Beobachter sprechen sogar von tausenden, chinesische Boote auf, die die Gewässern zwischen den Galapagos-Inseln und Ecuador restlos geplündert hätten.
Widerstand gegen die riesigen Trawler und schwimmenden Fischfabriken aus China ist nicht nur wegen der schieren Zahl unmöglich, sondern auch gefährlich. Denn die Fischfang-Armada des maritimen Todes aus China werden von sogenannten „Fischerei-Milizen“ der Volksbefreiungsarmee begleitet.
Das sind mit Stahlkonstruktionen verstärkte Trawler, die nicht nur Schusswaffen an Bord haben, sondern gegnerische Fischerboote aus Holz einfach auf den Grund des Meeresboden rammen. Erst neulich wurde ein solcher Zwischenfall auch aus den Philippinen gemeldet.
Das „Büro für Fischerei und aquatische Ressourcen“ in Manila hat für das erste Quartal 2022 ein Defizit von 119.000 Tonnen Fisch prognostiziert. Das sind dramatische Zahlen für ein Land wie die Philippinen – besonders für eine maritime Nation.
Singapur ist mit gut 5,6 Millionen Einwohnern im Vergleich zu den Philippinen nur ein Bevölkerungszwerg. Aber aus Ermangelung von landwirtschaftlichen Anbauflächen müssen 90 Prozent aller Lebensmittel in die reiche Bankenstadt eingeführt werden. Da man in dem Stadtstaat aber immer etwas vorausdenkt, wird nun an ganz anderen Methoden gearbeitet, die einheimischen Bewohner und die vielen Millionen Besucher nicht nur satt zu kriegen, sondern auch mit hochwertigen Lebensmitteln „Made in Singapur“ versorgen zu können.
In Zukunft sollen dort bis zu 30 Prozent aller „essbaren Proteine“ im Labor gezüchtet werden. 3-D-Drucker verwandeln die unscheinbare Esspaste dann in Shrimps, Suhsi-Häppchen, aber auch „Rinder“-Steaks.
Aber wie so oft, hat die Zukunft in dem rührigen Stadtstaat „vorgestern“ schon begonnen.
Denn die staatliche Investmentgesellschaft Temasek hat in den vergangenen beiden Jahren nach dem Vorbild großer US-Lebensmittelkonzerne bereits 5,4 Milliarden US-Dollar in den heimischen Agrartechniksektor gepumpt und zahlreiche Startups haben längst die Produktion von Fleisch und Fisch aus dem Labor zu ihrer neuesten Geschäftsidee erkoren. Davon handelt die Reportage aus Globe South East Asia.
Überdies – mehr Nachrichten aus den englischsprachigen Tageszeitungen in Süd-, Südost- und Ostasien finden sich in der Rikscha-Reporter Asien-Presseschau von heute, 19. Januar 2022.
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